EIN Familienunternehmen – DREI Welten

Familienunternehmen sind eine ganz besondere Form von Unternehmen. Sie vereinen mehrere Systeme unter demselben Dach und müssen täglich den schwierigen Spagat zwischen Familie, Firma und Recht schaffen. Fitz B. Simon (2005) beschreibt dies in seinem Artikel über die Entscheidungsfindung in Familienunternehmen sehr treffend.

Jeden Tag werden in Familien und in Unternehmen Entscheidungen getroffen. Auch die Rechtsprechung entscheidet jeden Tag. Und in Bezug auf letztere, fördert das Sprichwort „Recht haben und Recht bekommen sind zwei Paar Schuhe“, das vorliegende Dilemma zutage. In allen drei Bereichen gelten andere Prinzipien und Werte. Und Entscheidungen werden nach anderen, teilweise diametral auseinanderliegenden oder sich gar gegenseitig ausschließenden Kriterien getroffen.

In Familienunternehmen verschwimmen die Grenzen. Es ist nicht immer klar, ob beispielsweise der Vater mit der Tochter oder der Chef mit der Personalverantwortlichen spricht. Einen speziellen Sonderfall dieser widersprüchlichen Situationen bildet die Unternehmensnachfolge.

Gerechtigkeit – der familiäre Anteil

In eine Familie wird man, abgesehen von der Sonderform Eheschließung, hineingeboren und erwirbt damit als Familienmitglied gleichzeitig (Sorge-) Rechte und Pflichten. Durch diese Alles-oder-Nichts-Entscheidung ist man aneinandergebunden und nicht austauschbar. Im zu Beginn herrschenden Hierarchie- und Abhängigkeitsverhältnis zwischen Eltern und Kind, steht in der Regel das Wohl und Interesse des Kindes im Vordergrund. 

Im Laufe der Zeit entwickelt sich das Kind zu einem autonomen und eigenverantwortlichen Individuum und Interaktionspartner. Diese Entwicklung stellt im Übrigen den Großteil innerfamiliärer Probleme dar.

Innerfamiliäre Kommunikation und Interaktion läuft anders als mit Fremden. Aber es gibt auch hier Unterschiede, die zwar im Alltag gelebt, aber nicht offen thematisiert werden. Wenn beispielsweise die Kinder zu verschiedenen Zeitpunkten, also auch in verschiedenen Lebenssituation der Eltern, geboren wurden. Neben den Herausforderungen der Eltern haben Kinder verschiedene Talente und entwickeln sich nicht gleichermaßen. Dieses logische Ungleichgewicht wird, verstärkt durch den Wunsch der Eltern nach Erfüllung des Gleichheits- und Gerechtigkeitsideals, in der Familie aber oft tabuisiert. Dies führt zu einer Hierarchieumkehr, in der die Kinder den Anspruch auf Gleichbehandlung früher oder später einfordern und in der äußersten Ausprägung das „Prinzip der Gerechtigkeit“ einklagen.

Richtigkeit – der unternehmerische Anteil

In der ökonomischen Welt besteht im Gegensatz zur Familie Konkurrenz- und Austauschverhalten. Langfristiges Überleben des aufgabenorientierten Systems Unternehmen kann nur sichergestellt werden, indem die Einnahmen die Ausgaben übersteigen. Entscheidungen werden also auf Basis ökonomischer „Richtigkeit“ gefällt. Mögliche Folgen für die Beziehungsebene spielen als Entscheidungskriterium eine untergeordnete Rolle.

Obwohl die Bewertung von Entscheidungen immer erst im Nachhinein vorgenommen möglich ist, kann eine „falsch“ gewählte Option das Aus bedeuten. Als Folge der unternehmerischen Prozesse (Arbeitsteilung) tragen unterschiedliche Kompetenzbereiche ihren Teil zur Gesamtleistung des Unternehmens (Erfolg oder Misserfolg) bei. MitarbeiterInnen sind Teil eines Systems mit enormen Unterschieden in Hierarchie, Karrieremöglichkeiten und Entlohnung. Mitglied dieses sozialen Systems wird man auf Basis von fachlicher Qualifikation. Bei fehlendem Nutzen kann dieser Status jederzeit aberkannt oder aufgegeben werden.

Um zum Beispiel der Nachfolge in Familienunternehmen zurückzukehren: „Welches meiner Kinder soll welchen Anteil meines Unternehmens erhalten und wodurch begründet sich meine Entscheidung?“ Sachlich, unternehmerisch getroffene Entscheidungen für oder gegen einen Nachfolger / eine Nachfolgerin haben immer Konsequenzen für die Frage familiärer Gerechtigkeit.

Rechtmäßigkeit – der juristische Anteil

Mit der Frage des Eigentums begeben wir uns abschließend auf die juristische Ebene. Somit betreten jetzt familien- und unternehmensfremde Personen, in Form von Richtern und Rechtsanwälten die Bühne. Werte und Regeln von Familien und Unternehmen werden durch diese höhere, neutrale Macht und die formale Rechtmäßigkeit entwertet und aufgehoben. Zieht ein Familienmitglied vor Gericht, wird die private Kommunikation für beendet erklärt und die familiäre Beziehung aufgekündigt. 

Während Konflikte innerhalb der Familie meist informell geregelt werden und Prozesse in Unternehmen ebenfalls angepasst werden können, gelten juristische Entscheidungen dauerhaft. Jegliche Änderungen bedürfen eines erneuten juristischen Aktes und formaler Prozeduren. Somit werden die gefällten Nachfolgeentscheidungen hinsichtlich Gerechtigkeits- und Richtigkeitsaspekten letzten Endes rechtmäßig in Stein gemeißelt.

In Familienunternehmen, und besonders in Fragen der Nachfolgeregelung ist es sinnvoll und wichtig, alle drei Bereiche – Familie, Unternehmen und Rechtslage – gleichermaßen zu beleuchten und sich die Tragweite von Entscheidungen bewusst zu machen. Professionelle Begleitung ist hinsichtlich der hier nur kurz umrissenen Komplexität in jedem Fall zu empfehlen.

So kann ich dich bei deiner Unternehmensnachfolge unterstützen.