Die Reise zur Kraftquelle ist, wie der Name bereits vermuten lässt, eine Technik im Coaching. Positive Ressourcen werden in negative Situationen transferiert. In Form einer Geschichte wird man an jenen Ort geführt, an dem quasi die „Schnellladestation“ des eigenen Akkus steht.
Loslassen, als oberstes Gebot…
Als ich mich während meiner Ausbildung zum ersten Mal auf diesen Weg begab, kostete mich dies einiges an „Überwindung“. Zu Beginn fehlte mir ehrlich gesagt etwas das Verständnis dafür, wo diese Reise nun hingehen und wie sie genau verlaufen sollte. Ich dachte die Anleitung der Trainerin genau, ja geradezu technisch durch. Denn ich wollte ja schließlich alles richtig machen und so zum optimalen Ergebnis kommen. Doch so sehr ich mich bemühte und schon zu Beginn „genau wusste“ wie der Ort aussehen würde, war die Überraschung dann umso größer. Statt Almwiesen mit saftigem grünem Gras, blauem Himmel und plätscherndem Gebirgsbach fand ich mich in einem stockdunklen Raum wieder. Stirnseitig eine Bühne mit lediglich einem hellen Lichtkegel. Doch von diesem Licht und der gesamten Atmosphäre ging eine derartige Energie aus, wie ich sie noch nie gespürt, gehört, gesehen, gerochen oder geschmeckt hatte. Da war sie, meine ganz persönliche Kraftquelle! Nach der Reise das Bild dieses, graphisch scheinbar nicht allzuschwer darstellbaren Ortes anzufertigen, war die weitaus größere Herausforderung… aber das ist ein anderes Thema.
Um (vor allem zu mir selbst) ehrlich zu sein: Das oben beschriebene Bild der Almwiese war mehr in meinem Kopf theoretisch konstruiert als tatsächlich emotional entstanden… Kraftquelle á la Heimatfilmromantik pur eben 😉 Aber keine Sorge, der (Selbst)Betrug ist schnell enttarnt. Man merkt rasch den Unterschied zwischen Wunsch und Wirklichkeit, bei sich selbst sowie bei anderen.
Testperson Kind
Heute schlug ich meinen Mädels vor, doch wieder mal einen gemeinsamen Spaziergang zu unternehmen. Nach anfänglicher Gegenwehr und die Strecke im Hintergrund war mir sofort klar, heute ist ein guter Tag. Ich wusste genau, dass Motivation heute noch ein riesen Thema wird. Und ich die perfekte Testperson zum Thema Kraftquelle an meiner Seite zu haben. Als ich nach einer Weile merkte, der Einbruch steht nahe, begann ich vorsichtig zu fragen: „Gibt es für dich eigentlich einen Ort in deinen Gedanken, an dem es dir so richtig gut geht? An dem du super drauf und voller Energie bist, wenn du an ihn denkst?“ Und glaubt mir, ich war mit der Frage noch nicht richtig fertig. Da kam wie aus der Pistole „Ja sicher“ geschossen. Gepaart mit einem Lächeln von einem Ohr zum anderen und einem Funkeln aus den Augen, wie ein explodierendes Silvesterfeuerwerk. „Kannst du mir bitte…“ Den Ort beschreiben?! wollte ich noch sagen, aber dazu kam es nicht mehr.
Es heißt 35
Was folgte war eine Geschichte, die ein Schriftsteller nicht besser formulieren könnte, selbst wenn er diesen Ort persönlich gesehen hätte. Eine goldgelbe Haflingerstute namens „35“ mit heller Mähne, langem Schweif und einem weißen Stern auf der Stirn steht auf einer grünen Wiese waren die groben Eckpunkte. Die Gerüche, die Farben und die Umgebung, alles war glasklar vor ihren Augen. Was meine Tochter gemeinsam mit ihr erlebte nahm mindestens die nächsten 15 Minuten unseres Spaziergangs ein. Es war mir unmöglich all die Details ihrer Erzählung zu erfassen. Es war einfach faszinierend für mich.
Kraftquelle Kind
Abschließend, und weit weg von einem Motivationstief, versuchte ich nochmal anzusetzen. „Ja wenn du mal traurig oder verzweifelt bist…“ „…Denk ich immer an 35 und wie ich mit ihr über die grüne Wiese galoppiere“ war die spontane Fortsetzung meines Satzes. Die restlichen eineinhalb Stunden des Spazierganges waren das reinste Kinderspiel. Ganz konnte ich es aber doch nicht lassen. Zuhause angekommen setzte ich noch einmal an, meine eigene paralysierende Zeichenerfahrung im Kopf. Irgend etwas musste doch auch ihr schwer fallen! „Kannst du mir den Ort bitte aufzeichnen?“ Fazit: Zwei Minuten später hielt ich das Bild mit der treffenden Überschrift „Es heißt 35“ in Händen. Scheinbar ist das Gehirn meiner Tochter unbelastet und frei von Blockaden, ganz im Gegensatz zu dem ihres Vaters. Jedenfalls hat sie mir heute wieder eindrucksvoll bewiesen: Es gibt keine Grenzen in Sachen Vorstellungskraft, Emotion und Ausdruck, solange wir sie uns nicht selbst setzen… ach wie ich sie doch beneide!!
Übrigens, ich hab schon angefragt. Meine 8 jährige gibt mir gerne bald wieder eine Einheit in Sachen Kreativität und positiver Energie 😉