Als ich im Herbst 2003 an der Universität Växjö in Schweden inskribierte, war ich einer von über 400 Austauschstudenten. Obwohl man aufgrund unserer Herkunft von allem anderen als einer homogenen Gruppe sprechen konnte, waren wir dennoch nicht so verschieden als man meinen möchte. Was wir in jedem Fall gemeinsam hatten war: Wir sind alle, mehr oder weniger weit, weg von zuhause und können kein oder kaum ein Wort Schwedisch verstehen geschweige denn sprechen. Gottseidank sprechen mehr als 80% dieses Volkes nahezu akzentfrei Englisch, vom Kleinkind bis zum Greis, was uns den Einstieg enorm erleichterte. Dank der geringen Anzahl an schwedisch sprechenden Menschen nämlich, werden keine Filme und Fernsehserien aus dem Englischen synchronisiert, sondern „lediglich“ mit schwedischen Untertiteln ausgestrahlt. Diese Tatsache hat auch im Übrigen mir beim Erlernen dieser wunderbaren Sprache einen schnellen Fortschritt beschert…und da soll noch einer behaupten, Fernsehen bildet nicht 😉 Tatsächlich ist dies aber ein gutes Beispiel wie leicht „Minderheiten“ (in diesem Fall 9,5 Millionen) unterschätzt werden!

In Schweden war es für mich aber auch nicht leicht ein Fremder im fremden Land zu bleiben. Im Studentenheim wurden wir nicht einkaserniert, sondern die Stockwerke annähernd im Verhältnis 50/50 mit AustauschstudentInnen und SchwedInnen belegt. Wenngleich es aber zum Teil eine Weile dauerte bis das „Eis gebrochen“ war, war unser Zusammenleben immer von Interesse, Wertschätzung und Hilfsbereitschaft geprägt. Und dies wurde von allen anwesenden Nationalitäten gelebt. Ich konnte während meines gesamten Aufenthaltes, immerhin zehn Monate, keinerlei negative Erfahrung machen – ganz im Gegenteil. Ich hatte sogar die Gelegenheit bei zwei Musikgruppen mitzuwirken. Isterbandet Buntes Schwedenund der Växjö University Big Band waren der lebende Beweis, dass die Sprache der Musik keine Grenzen kennt.
Der intensive interkulturelle Austausch ermöglichte Sichtweisen, Ergebnisse und Erfahrungen, die in homogenen Gruppen in dieser Qualität sicher nicht zustande gekommen wären. Bunt ist besser!!

Ich durfte abschließend gemeinsam mit einer Lettin und einer Chinesin eine Bachelorarbeit verfassen. Wir beleuchteten die Vor- und Nachteile mulitkultureller Teams theoretisch aber auch anhand einer empirischen Studie. Dazu hatten wir die Möglichkeit Interviews mit MitarbeiterInnen in der IKEA Zentrale in Älmhult zu führen und deren Erfahrungen einzuarbeiten. Zur Info: Mit Stand 2014 war der Konzern in 27 Ländern mit 315 Einrichtungshäusern und mehr als 130.000 Mitarbeiter (Stand 2011) tätig. Als Ergebnis entwickelten wir ein Modell, anhand dessen man die Zusammenarbeit bzw. Entscheidungsfindung in mulitkulturellen Teams noch effizienter gestalten kann. Bei Interesse gibt’s gern mehr Infos darüber…

Dieser Auslandsaufenthalt war eine der bisher prägendsten und bereicherndsten Erfahrungen in meinem Leben. Profitieren und lernen kann man aber aus vielen Situationen – auch im Alltag. Alles was man dazu benötigt ist Neugierde, Offenheit und natürlich Mut. Mut Neues zuzulassen, Mut über sich selbst und die eigene Geschichte kritisch nachzudenken und Mut sich einem anderen, möglicherweise unbequemen Blickwinkel auszusetzen… Diesen Mut aufzubringen zahlt sich aber in jedem Fall aus… Bunt ist einfach besser!!

Zum Abschluss noch ein paar nette Sätze zum Thema Veränderungsbereitschaft. Wie hoch ist der Wiedererkennungswert? 😉

Das haben wir schon immer so gemacht…
Das haben wir noch nie so gemacht…
Da könnte ja jeder daherkommen…

Übrigens: Der Demokratieindex 2014 der Zeitschrift The Economist weist Schweden nach Norwegen als das zweitdemokratischste Land der Welt aus.